Blasinstrumentenbau

In Schwaz reparierte Andrä Hochschwarzer vulgo "Klarinett-Anderl" (1825-1902) Geigen, Zithern und Gitarren, baute einige Saiteninstrumente neu, jedoch überwiegend Klarinetten und Flöten.[61] 1721 stelle in Wilten der Drechsler Felix Aggstein Flöten, Oboen "und anderes musicalisches Blaszeug" her und wurde 1729 Inwohner von Innsbruck. Franz Krismer (1790-1847) widmete sich ebenfalls in Innsbruck dem Bau von Holzblasinstrumenten. Die 1833 in Innsbruck gegründete Musikalienhandlung Johann Groß errichtete eine Reparaturwerkstätte für Blasinstrumente und beschäftigte zu deren Neuanfertigung auch deutsch-böhmische Gesellen. Hier arbeitete bis 1844 Franz Wenzel Leibelt (1814-1856) aus Kothau bei Heinrichsgrün/Böhmen, dann machte er sich selbständig. Seine Witwe heiratete den Groß'schen Gesellen AntonBrambach ( 1875), der die Werkstätte weiterführte und vor allem Holzblasinstrumente erzeugte. Im Juni 1875 gründete in Innsbruck der Musikinstrumentenmacher AntonTutz (1842-1919) aus Trinksaifen in Deutschböhmen einen eigenen Betrieb. Er war zuvor bei Johann Groß beschäftigt und führte für ihn noch weiterhin Reparaturen aus. Rudolf (I) Tutz (1880-1952), Rudolf (II) Tutz (1909-1963) und Rudolf (III) Tutz (*1940) übernahmen jeweils die väterliche Werkstätte. Rudolf (III) Tutz verfertigt gegenwärtig in Innsbruck noch alle Arten von Holz- und Blechblasinstrumenten, auch hervorragende Kopien nach alten Meisterinstrumenten. Anton Brein(d)l aus Graslitz/Böhmen baute von 1857 bis etwa 1875 Blasinstrumente in Innsbruck. Die Tiroler Musikanten bezogen ihre Blasinstrumente nicht nur von nun im Land ansässigen, aus Böhmen stammenden Herstellern, sondern konnten auch direkt böhmische Erzeugnisse erstehen, so bei Paul Fatka ( 1860), der 1815 aus Böhmen nach Innsbruck in die neu gegründete Kaiserjägerkapelle gekommen war und sich hier als Händler mit Instrumenten aus seiner ehemaligen Heimat etablieren konnte. Nach seinem Tod ging dieses Händlertätigkeit auf Johann Groß über.
Im 19. Jahrhundert waren unter anderem folgende Blasinstrumentenmacher tätig: Fridolin Berktold in Bichlbach (um 1826, Klarinetten), Hans Prockl in Schwaz (um 1900), C. Hauser in Waidring (1. Hälfte 19. Jahrhundert, Klarinetten), Peter Eder und Mathias Seissel (um 1900) in Kufstein, Franz Mayr in Lienz (um 1800), in BozenJohann Schgaguler (Mitte/2. Hälfte 19. Jahrhundert) und Franz Hetfleisch (um 1850), Johann Plaschke aus Graslitz (Firmengründung 1882) und der Deutschböhme WenzelZöttel (um 1910).[62] Ein heimischer Instrumentenbauer war im Zillertal der Zimmermann und Tischler Franz Dreml (1825 Schwendberg - Laimach 1914). Der Klarinettist hatte sich selbst im Instrumentenbau gebildet und verstand es, Kirchenorgeln zu reparieren oder auch eine kleine Hausorgel neu aufzustellen. Zumeist war er beschäftigt mit dem Bau von Holzblasinstrumenten, die jedoch in der Art von Blechblasinstrumenten mit Klappen konstruiert waren, zum Beispiel ein "Bombardon" aus einem Stück Baumstamm, ein "Bombardin" aus Zaunstecken. Solche Instrumente spielte die von Dreml gegründete "Holzknittel-Musikkapelle", die zu Konzerten bis nach Amerika reiste. Die Instrumente für die Mayrhofener Holzknittelkapelle um 1900 hatte August Knauer erzeugt.[63]

Fussnoten

[61]Willibald Leo Freiherr von Lütgendorff, Die Geigen- und Lautenmacher vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Frankfurt am Main 1904 (1.Auflage), 6.Auflage im Reprint Tutzing 1975, Bd. 1, S. 167 und Bd.2, S. 218;
Karel Jalovec, Deutsche und österreichische Geigenbauer, Brünn 1967, S. 178;
Totenbuch der Pfarrkirche Schwaz 1902 (Film im Tiroler Landesarchiv Innsbruck, Nr. 705).


























[62] Freundliche Mitteilungen von den Herren Univ.-Prof. Dr. Walter Senn ( ) und Rudolf (III) Tutz;
Marie Theres Pitterhof, "Der Reiz alter Blasinstrumente fasziniert heute wieder! Der Innsbrucker Instrumentenbauer Rudolf Tutz baut sie nach", in: Tradition H. 47 (1996), S. 53ff.;
Tiroler Tageszeitung, Sonderbeilage Innsbruck aktuell vom. 3.-9. November 1992, S. III;
Manfred Schneider, [Booklet zur CD] Franz Krismer 1790-1847). Traversflöte Innsbruck, um 1825 (= CD Musikinstrumente des Ferdinandeums 7), Innsbruck 1999, S. 2f.;
Erich Egg und Wolfgang Pfaundler, Das große Tiroler Blasmusikbuch, Wien [u.a.] 1979, S. 162f.;
Egon Kühebacher, 150 Jahre Musikkapelle Innichen 1834-1984, Innichen 1984, S. 17;
Herbert Heyde, Das Ventilblasinstrument. Seine Entwicklung im deutschsprachigen Raum von den Anfängen bis zur Gegenwart, Leipzig 1987, S. 71, 234, 142;
John Henry van der Meer, Verzeichnis der Europäischen Musikinstrumente im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg 1 (= Quellen-Kataloge zur Musikgeschichte 16), Wilhelmshaven 1979, S. 42, 50ff., 63, 175;
Hildegard Herrmann-Schneider, "'Mit lieblichen Stimmen sich lustig hören lassen' - Vom Musizieren der Bergleute in Tirol", in: Silber, Erz und weißes Gold. Bergbau in Tirol [Katalog zur Tiroler Landesausstellung 1990 in Schwaz], Innsbruck 1990, S. 429.

[63] Karl Frontull, "Franz Dreml, ein Zillertaler Instrumentenmacher", in: Tiroler Heimatblätter 30 (1955), S. 70f.;
Tiroler Tageszeitung vom 17. August 1978, S. 4.