Richard Strauss in Tirol
Besucher der Villa Strauss in Garmisch entdecken beim Rundgang durch das einstige Domizil des Münchner Komponisten von Weltrang unter den Erinnerungsstücken an ihn eine orangerote Schärpe mit der Goldprägung Innsbruck, 2./3. Juni 1931 und dem Monogramm E.L. Mit dieser Schärpe ist das Andenken an ein monumentales Konzertereignis in Innsbruck am 2. und 3. Juni 1931 gewahrt.: Die Innsbrucker Konzertdirektion Edgar Lewis hatte zu diesem Termin ein Richard-Strauss-Fest mit Reinerlös zugunsten der Mensa academica der Leopold-Franzens-Universität veranstaltet, das durch den persönlichen Auftritt Strauss' als Dirigent und Komponist gekrönt war. Landeshauptmann Dr. Franz Stumpf und Bürgermeister Franz Fischer hatten den Ehrenschutz übernommen, Tage zuvor wurde das Fest in der Presse mit Inseraten und Kurzbeiträgen samt dem Hinweis auf die künstlerisch ausgestatteten Programmhefte überschwänglich angekündigt.
Triumph in Innsbruck, Erholung in Sillian
Das Programm war tatsächlich aufwändig und elegant gestaltet, mit eingeklebtem Fotoporträt und faksimiliertem Namenszug Strauss'. Strauss dirigierte das Bayerische Staatsorchester München, als Solist der Orgel wirkte der Innsbrucker Chordirektor und Komponist Karl Koch mit. Am ersten Abend erklangen Mozarts Symphonie in g-Moll, Beethovens dritte Leonoren-Ouvertüre und zwei sinfonische Dichtungen von Strauss, Don Quixote und Till Eulenspiegel, am nächsten Tag Beethovens achte Symphonie, Wagners Vorspiel zu Tristan und wiederum zwei sinfonische Dichtungen von Strauss, Don Juan und Also sprach Zarathustra.
Strauss präsentierte sich also dem Innsbrucker Publikum in besonderer Weise: Diesen Kompositionen Mozarts, Beethovens und Wagners war er besonders zugetan. Don Quixote und Zarathustra waren in Innsbruck Erstaufführungen. Die aus allen drei Landesteilen angereisten Anhänger Strauss' bereiteten ihm mit endlosen Beifallskundgebungen einen Triumph.
Meine Beziehungen zu Innsbruck sind so alt, als ich zurückerinnern kann, so äußerte sich Strauss im Alter von 76 Jahren, und man möchte fortsetzen: Sie dauern bis in unsere Zeit an. Richard Strauss' Vater Franz, königlicher Kammermusiker am Münchner Hof, half um 1870 in Innsbruck bei Musikvereinskonzerten als erster Hornist aus, Mutter Josefa war mit Pauline Nagiller, der Gattin des Innsbrucker Musikdirektors Matthäus Nagiller (1815-1874), befreundet. 1877 kam Richard Strauss mit nach Innsbruck und befreundete sich hier im Hause Nagiller mit dem um drei Jahre älteren Ludwig Thuille aus Bozen, der hier Musikstudien betrieb, an. Fortan weilte er mehrmals in Innsbruck, Thuille kam zu Gegenbesuchen nach München. Auf der Durchreise machte die Familie Strauss bei Bekannten und Freunden in Innsbruck halt. Sillian war für die Familie Strauss bevorzugter Ort der Sommerfrische. Im Sommer 1878 schrieb Richard aus Sillian seinem Freund Ludwig nach Innsbruck: Ich spiele hier Orgelsonaten von Mendels[s]ohn auf der hiesigen Orgel was mir sehr viel Spaß macht.
Acht Lieder nach Tiroler Lyrik
Die Tirolaufenthalte Strauss' waren aber auch ausschlaggebend dafür, dass er 1882/83 seine Acht Lieder Opus 10 nach Texten aus Letzte Blätter des Tiroler Lyrikers Hermann von Gilm komponierte. Die Nummer 1 Zueignung hat er in der Orchesterfassung 1940 seiner Meisterinterpretin Viorica Ursuleac gewidmet, die mit ihrem Gatten Clemens Krauss, dem vielbewunderten Dirigenten und Freund Strauss', in Ehrwald wohnte.
Im Spätherbst 1940 stand am Innsbrucker Theater erstmals eine Strauss-Oper auf dem Spielplan. Strauss verfolgte von Garmisch aus die Einstudierung der Salome und besuchte mit seiner Gattin die dritte Vorstellung am 24. November 1940, die er für hervorragend und vorbildlich hielt. Salome bildete nach Ariadne (1941) und Rosenkavalier (1944) den Auftakt für die kontinuierliche Pflege der Strauss-Oper in Innsbruck, die 1967 mit Intendant Helmut Wlasak fortgesetzt wurde und über seine gesamte Ära bis 1992 andauerte. Diese 25 Jahre zeichneten 16 Premieren von 11 Strauss-Opern aus. Ein Höhepunkt fand sich an Strauss' 128. Geburtstag, dem 11. Juni 1992, mit einer Daphne- Aufführung, zugleich der 250. Vorstellung einer Strauss-Oper während der Intendanz Wlasak. Die Anwesenheit der Familie Strauss an diesem Tag in Innsbruck dokumentierte erneut die Vertrautheit zwischen dem bayrischen Musikheros und Tirol.
Am 14. Juli 2002 fand in Sillian über die Initiatoren Tourismusverband Hochpustertal und Gustav-Mahler-Wochen Toblach erstmals ein "Richard-Strauss-Tag" statt, an dem in der Pfarrkirche Sillian und auf Burg Heinfels Musik von Strauss erklang.