Maria breit den Mantel aus. Bayerns Marienlied aus Innsbruck
Jesuiten aus Breda in Brabant übertrugen im Jahre 1639 ihre wundertätige Madonna, eine Kopie des Gnadenbildes von Foya in Belgien, nach Innsbruck in die Jesuitenkirche zur Heiligen Dreifaltigkeit. In der bedrohlichen Zeit des Dreißigjährigen Krieges besannen sich die Menschen verstärkt auf die Notwendigkeit übernatürlichen Beistandes, und so verwundert es nicht, dass die Skulptur - heute auf dem Altar der rechten vorderen Seitenkapelle - bald viele Pilger anzog.
Schon 1640 erschien bei dem angesehenen Innsbrucker Musikverleger Michael Wagner ein Heft mit vier Marienliedern, gemacht und gesungen zu Ehren des wundertätigen Bildnisses unserer lieben Frau von Foya, welche zu Innsbruck in der Kirche der Societät Jesu von jedermann mit großer Andacht verehrt wird. Maria brait dein Mantel auß, heißt das dritte Lied, notiert mit Melodie und 29 Strophen. Der Autor ist unbekannt, kam aber vielleicht aus den Reihen der Innsbrucker Jesuiten. Im Text wird Maria ausführlich als Zuflucht der bedrängten Menschheit in aller Gefahr, als Beschützerin für Leib und Seele, als Mittlerin zu Jesus Christus reflektiert. Da die Melodie in Noten aufgezeichnet ist, dürfte sie neu erdacht worden sein, sonst hätte der Text allein mit der früher üblichen Beifügung nach der Melodie oder im Ton von genügt.
Das Jesuitenkolleg in München-St. Michael besaß seit 1628 eine Kopie der Madonna Foyensis und erwarb - vermutlich bald nach der Drucklegung - auch ein Exemplar des Innsbrucker Liederheftes. Aufgrund der bekannt hervorragenden Musikpflege der Münchner Jesuiten und deren allgemeines Bestreben, durch Lieder Katechese zu betreiben, ist ziemlich sicher, dass das Marienlied aus Innsbruck in St. Michael erklang, durch den Konvent von den Gläubigen übernommen und an andere marianische Gnadenstätten in und außerhalb von München hinausgetragen wurde.
Nach einer Neufassung durch den deutschen Hymnologen Guido Maria Dreves SJ 1885 wird Maria breit den Mantel aus heute noch gern in Tirol und Bayern gesungen. Kirchengesangbücher der Diözesen Innsbruck, München-Freising, Regensburg, Würzburg und Passau enthalten es einträchtig, freilich nur mehr mit wenigen ausgewählten Strophen.
Die Münchner Bürger mit dem Liebfrauendom und der Mariensäule im Zentrum ihrer Stadt haben die Innsbrucker Liedweise besonders liebgewonnen: Aus dem reichen Schatz ihrer innigen Gesänge zur Verehrung der Patrona Bavariae stimmten sie zu Mariä Empfängnis 1970 bei einer Feier zur Wiedererrichtung der Mariensäule nach dem U- und S-Bahnbau eben dieses Marienlied aus Innsbruck an, desgleichen etwa bei einer Festlichkeit anlässlich des Marianischen Jahres am 10. Juli 1987 im Alten Rathaus.